25.03.2011

Noe 18 - Sicherscheitgestolper

Der junge Mann dachte viel und hatte gescheite Fragen. Diesmal meinte er augenzwinkernd, dass er „sicherheitsbehindert“ sei. Ja, die Sucht nach Sicherheit konnte Leben ersticken, das wusste Noe. Sie vermochte den Blick derart zu trüben, dass jeder Bezug zur Wirklichkeit verlorenging. Aus der Angst entstand die Forderung nach einem Leben ohne Gefahr, obwohl es dieses nicht gab. Mit den sich türmenden Jahren seines Lebens, nistete sich auch bei Noe das Bedürfnis nach Sicherheit ein. Je mehr nun diese wuchs, um so abgründiger wurde die Furcht davor, sie zu verlieren. War das die Folge der erfolgsabhängigen Beifallsgesellschaft der Einzeltänzer, in der er lebte und bei deren Zahlenhörigkeit die Liebe und das Zusammenstehen in sich zusammensackten?
Noe verstörte es, wenn die Sicherheitsbedürfnisse das Leben junger Menschen abzuwürgen drohten. Er selber war damals unbekümmert, wechselte ohne Zögern das Haus, den Ort, stellte bedenkenlos innert Stunden sein Leben völlig auf den Kopf und dabei hatte er keine Ahnung, was seinen Schritten folgen würde. Manchmal geschah dies aus schlichtem Trotz gegenüber dem „Lauf der Dinge“. Noe liebte Aufbrüche und überging die Abschiede. Trieb ihn das Unbehagen vor sich her, schwamm er zu neuen Ufern, liess die alten Küsten hinter sich, lieferte sich aus mit Freude und Schmerz. Er wurde von einem tiefen Lebensvertrauen getragen, was er allerdings nicht wusste, jedoch zu spüren schien. Und wenn er den Gefühlen der Angst verfiel, konnte er darin nur kämpfen oder fliehen. Von lauen Zwischentönen hielt er nichts. Er schlug sich durch die Angst, um hinter ihr den Mut zu finden. Dann erkundete er wach und wissensdurstig den neu erschlossenen Raum. Noe war deshalb für die kleinen Spiele nie zu haben, lieber spielte er mit seinem Leben.

08.03.2011

Schwärmerei im Löwenkäfig

Einer hatte sich unter dem Titel "Menschlichkeit" dem „Guten“ verschrieben, einem Entwurf aus fremden Quellen und er lebte ihn mit Nachdruck. So konnte es geschehen, dass jene, denen er seine beschwörende Liebe schenkte, sich bemüssigt fühlten, neu und anders lieben zu müssen. Die Liebe wurde erniedrigt zur Forderung, das "Gute" geriet zur Gewissenskeule und freie Gefühle erstickten im "gütigen" Zwang. So einseitig geht das nicht. „Menschlichkeit“ umfasst alles, was uns eigen ist, auch die Schattenseiten und den steilen Grat zwischen "Gut" und "Böse"? Unvergessen, wie vor Jahrzehnten ein Lied von Konstantin Wecker meine Mitte traf:
… Ich möchte etwas bleibend Böses machen
will in die Schluchten meiner Seele ziehn.
Das ganze Leben ist doch nur Erwachen
 aus bösen Träumen. Und ich will nicht fliehn. …
Dies‘ zu hören, war erlösend und befreite davon, immer nur „gut“ sein zu müssen.
Und nun, fast 40 Jahre später? "Gut" und "Böse" sind Eckpunkte eines Gesellschaftsvertrages. Jederzeit kann er hinfällig, aufgelöst oder missbraucht werden. Seine Begriffsinhalte ändern sich mit den Generationen, dem Zeitgeist, den Machtgelüsten und Bedürfnissen. In diesen Wellen verlieren sich Recht und Unrecht gleichermassen, wie “Gut“ und „Böse“ sich verschieben. Dabei kann jeder Opfer werden oder Täter und die Gewalt der Volksmehrheit so vernichtend sein, wie die eines Tyrannen. Nichts führt mehr zu Krieg und Elend, als die Meinungen über das "Gute" und der Wahn, im Besitze der "Wahrheit" zu sein.