23.09.2017

Claude + 21.3.17
Manchmal gleicht das Leben einem Streifzug durch den Wald. Freunde aller Lebenszeiten stehen da als Bäume, jeder für sich allein und dennoch mit im Ganzen. Weit oben berühren sich die Kronen, in der Tiefe sind die Wurzeln dicht verwoben. Jeder stützt den andern. Nun, in alten Tagen, welken sie und fallen, immer enger wird der Takt. Sie entgleiten der Umarmung, die über Jahrzehnte so natürlich war, dass man sie im Alltag aus dem Blick verlor. In Stille lichtet sich das Wurzelwerk und mit jedem dieser Bäume – stirbt ein Teil von dir. 
22.03.17
"Weniger isch meh"
Es gab Zeiten, in denen mir das Selbstbewusstsein fehlte, besser oder schlechter überspielt. Allmählich kehrte der Blick nach aussen. Ich wurde zum feurigen Krieger und Rivalen, wollte andere belehren. Fantasien der Macht. Diesen folgte der Sturz in Zweifel und Grenzen. Bezugslos wirbelten Sinn und Zweck durch die Gedanken. Kämpfe für nichts, Hirngespinste, Selbstversklavung und am Ende die Erkenntnis, wie wenig ich bewegte, wie klein ich war. Ich lernte, mir trotz Zweifeln treu zu bleiben. So wurde die lähmende Angst zur beflügelten Wissbegier. Ideologien zerfielen, Kategorien verblassten, Absolutes verlor den Reiz, was Raum für Bewegung schuf, in der das Denken sich entfesseln liess. Neue Sichtweisen machten den Lehrer zum Begleiter und eine unbekannte Langsamkeit verschlang die Zeit. Einfache Taten lösten Drang und Wollen ab, wiesen den Weg in den Garten des Lebens. Wieder lernte ich zu schauen, diesmal dem Geschehen seinen Platz zu lassen, allem Wachsenden seine Zeit und mir selbst die Leere, die es brauchte, um diese Fülle aufzunehmen.
01.11.16
Missionare
Je lauter einer seinen Glauben verkündet, andere zu überzeugen sucht, desto mehr zeigt sich, wie wankend er nach Anerkennung giert und Sicherheit. Glaubensfragen gehören zur tiefsten Innerlichkeit eines Menschen. Darüber spricht keiner so leicht, es sei denn, er habe sich selber zugrunde gerichtet und dabei jede Scham verloren.
16.09.16
Noe 29 – Gott und der Tellerrand
Etwas fahrig begründete ihm der Besucher, weshalb er Gott verstiess und Religion für sinnlos hielt. Noe hatte damit keine Mühe, im Gegensatz zu seinem fiebernden Gast. Für eine Erwiderung brauchte Noe Zeit. Er bat den Aufgewühlten, innezuhalten, um vor dem Haus gemeinsam den Geräuschen der Nacht zu lauschen. Sie hörten das Wispern der Bäume im warmen Wind, aufgeschreckte Vögel hier, knackende Äste dort und summende Insekten. Behutsam brach Noe das Schweigen: Um Gott zu suchen, hob er an, müsse keiner an ihn glauben. Gott sei eine Frage, nicht beweisbar mit Antworten, die ihn nur klein und absehbar machten. Sie lägen beide so falsch wie richtig, wenn sie gegenseitig Gott behaupteten oder widerlegten. Dieser könne so mächtig sein, wie ohnmächtig oder gar nur das Geschöpf der menschlichen Wünsche. Nehmen wir an, fuhr er fort, die Menschen hätten Gott als eine Art Fluchtpunkt gesetzt, ausserhalb des Tellerrandes, den sie kaum je überblickten, erfüllte er schon dadurch seinen Sinn, dass er die Ausdehnung des Denkens in unbekannte Räume ermöglichte. Viele Gläubige aller Kulturen hätten, mit Blick auf ihr Gottesbild, grundlegende Gedanken hinterlassen. So teile er, was einst ein anderer schrieb: „Wenn es Gott nicht gäbe, müsste man ihn erfinden“. Und Noe zitierte den Meister der Christen, „…mein Reich ist nicht von dieser Welt“, dabei würde er selber bleiben, bis er wisse, was diese wirklich sei.
13.08.16
Rahmenlos
Eine Stimme wohnt in mir, weder Gott noch Zauberei, die vollkommen anders spricht. Sie hat Worte, die keiner kennt und kaum vernehmbar, würden sie je gesprochen. Sätze aus Liedern, entfesselten Klängen, quer durch alle Linien, rahmenlos.
25.06.2016
Leben stirbt!
Als ich dem Tod von der Schippe fiel, fanden einige Gescheite, es wäre noch nicht an der Zeit gewesen, ich hätte wohl Lücken auszugleichen, den Lebensauftrag nicht erfüllt. Danke. Woher wussten sie das? Woran dachten sie? Dass sie mich weiter zur Verfügung haben wollten, für Dinge die ihnen dienlich waren? Statt Fragen zu stellen oder einfach zu schweigen, erzählten sie ihre Sicht. Ausdruck der eigenen Ratlosigkeit und Ohnmacht. Vielleicht, um der blanken Wirklichkeit zu entfliehen, die untergründige Todesangst auszublenden? Erkennen sie ihre eigene Angst im Anderen und wollen sie teilen? Was aber, wenn dieser Andere keine verspürt?
Auch wenn einer stirbt, betrauern wir nicht den Toten, sondern den eigenen Verlust.
16.11.15