25.08.2011

"Esoterik" im Reigen der Himmelsgeigen

In den “neuen“ geistigen Aufbrüchen suchen die Menschen nicht wirklich Antworten, sondern die Bestätigung ihrer eigenen Weltsicht. Darum stellen sie oft die falschen Fragen. Ist es etwa „neu“, wenn uns jede Schindluderei Verzückung beschert und brutale Selbstzerfleischung mehr Erkenntnis verspricht, als das bisher Vertraute? Weshalb die Verklärung „alten Wissens“ ohne den Blick auf Geschichte und Kritik? Und wohin hat sich das freie, hinterfragende Denken verkrümelt, die Fähigkeit zur Abgrenzung? Punkt für Punkt werden Fehler aufgefrischt, die seit jeher die überlieferten Religionsbücher durchziehen. Im Namen des „Neuen“ verwirft man die alten Kirchen, um sie sogleich  neu zu „erfinden“, samt lehrerhaftem Wahrheitsanspruch, Heilsversprechen und eisigen Sühne-Mustern. Wieder verkünden anmassende Menschen, was denn das „Göttliche“ sei, verkaufen gefühlsgedachte, mittelalterliche Halbgedanken als „ganzheitlich“, mutig und bahnbrechend. Als hätte es die Aufklärung im 18. Jahrhundert nie gegeben, wird Vergangenes zur Zukunft erhoben und so zur Fratze der Mutlosigkeit. Wie einst im Ablasshandel der Kirchen, verkommt die Gnade zu einem herstell- baren Verbrauchsartikel, wo Wunschdenken die Wahrnehmung verstellt. Bloss weg von den gewachsenen Wurzeln, nach denen das „Neue“ keinesfalls riechen darf. So gehen Bezugspunkte verloren, die zur Prüfung der eigenen Schritte notwendig wären, um nicht in Wahn, Ruin und Abhängigkeit zu geraten. Derweil räumt keiner die gestandenen Kirchen auf, niemand wirft die Händler aus dem Tempel. Die „Neuen Spirituellen“ sind dafür zu bequem und ihrem zeitgeistigen Sturzbachverstand fehlt die Fähigkeit, die Gedanken ohne Rührseligkeit zu Ende zu denken. Lieber rasen sie selbstheilungsverloren, erlebnisgeil und rosinenpickend durch die Glaubens- und Kulturgüter anderer  Völker. Lechzend nach Geist und ausgestattet mit einer Kreditkarte, jagen sie dem „Wissen" und seinen schillernden Propheten hinterher, um sich in fetter  Feinfühligkeit zu suhlen, die sich eitel um die eigene Lebensachse lullt. Ein dekadentes Affentheater konsumversessener Neu-Hippies, auf der Flucht vor der eigenen Lebensangst; schnurstracks hin zum alten Kitsch, dem Hokuspokus der Plapperseelen, die sich selber feiern und „Uneingeweihte“ für gefühlskalt und einfältig halten, obwohl diese nur weniger anfällig sind auf Firlefanz und Schmalz. Neues Zeitalter? Nein. Alter Kleingeist, miefig neu vergittert.

13.08.2011

Spieglein, Spieglein an der Wand …

Krawalle in den Städten Englands, Feuer haben sie gelegt und Geschäfte geplündert. Entfesselte Jugendliche ohne Zukunftsaussicht wüteten blind und trotzdem aus berechtigtem Zorn. Wer so erwachsen sei, dies zu tun, verkündete der Premierminister, habe keine Wertvorstellungen und sei auch erwachsen genug, um entspre- chend hart bestraft zu werden. Warum werden dann er und seine Schmarotzerbrüder in den Geldfabriken oder auf dem politischen Parkett nicht auch bestraft? Auf Kosten von Abermillionen Menschen fechten sie ihren Kampf um Macht und Reichtum, treiben ihre Drecksgeschäfte, verhökern die Zukunft anderer Menschen, legen Feuer an die Märkte und plündern sie aus. Können derart entgeisterte Seelenkrüppel den Jungen als Vorbild dienen? Nein, denn sie sind abschreckende Scheuchen, die mit ihren Wertvorstellungen Angst, Verzweiflung, Leid und Tod verbreiten.

05.08.2011

Götterei zwei

Was bin ich in diesem Riesenspektakel? Die Forscher schätzen die Anzahl der Sonnen und Sonnensysteme in unserer Galaxis, der „Milchstrasse“, auf etwa 300 Milliarden. Diese Galaxis teilt den Kosmos mit anderen 100 Milliarden Galaxien. Nicht genug, reift die Erkennntis, dass mehrere Universen nebeneinander liegen, die sich in einem übergeordneten Raum bewegen müssen, der möglicherweise auch nicht alleine steht. In einigen Jahrmilliarden soll das Ganze zusammenkrachen und Neues entstehen. Ist all dies Wirklichkeit oder Einbildung? Raum definiert sich über seine Beschränkung und Endlosigkeit können wir nicht fassen. Treffe ich deshalb ständig auf Menschen, die mich in beispielloser Arroganz belehren, wer oder was Gott sei? Denkpause. Sollte ich vielleicht aufhören, nach dem Sinn zu fragen und ihn statt dessen selber stiften?

Götterei eins

Gibt es Gott? Ob ja oder nein, keine Antwort ist beweisbar. Gäbe es ihn nicht, bräuchten wir keine Fragen mehr zu stellen. Gingen wir davon aus, Gott lebte auch nur in weitestem Sinne, dann müsste er unsere Erkenntnisfähigkeit übersteigen. Beides können wir nicht wissen, aber glauben. Der Glaube an eine göttliche Existenz schafft mehr Aussichten als die gegenteilige Annahme. Denn ob es Gott gibt oder nicht, die Suche nach ihm erweitert die Geisteswelt, öffnet Raum und Zeit weit über das selbstversicherte „Ich“ hinaus. Gott-sucher leben von den Fragen, der Weg ist ihr Ziel. Das erfordert Gegenwärtigkeit jetzt und nicht irgendwann. Das Unbedingte zeigt sich geradewegs im Zeitpunkt, den wir soeben erfahren. Über einen anderen Blick verfügen wir nicht. Göttliches Wirken wäre demnach mit geschärfter Wahrnehmung im Alltag zu erkennen, in Begeben- heiten, Begegnungen, innerer Stille und allenfalls in Ritualen, die helfen können, die Leere zu bereiten: Den Raum für die Berührung. Da dem Menschen meist die eigenen Entwürfe im Wege stehen, müssen wir den Blick nach aussen frei räumen. Damit wird sich schwer tun, wer  zuviel nach sich selber fragt und sich als Mitte seines  Lebens sieht. Wer aber lernt, sich als ein Teil des Ganzen zu verstehen, entdeckt ein Wirken und Gewebe, welches mit eigenen Wünschen nicht zu erreichen wäre. Sich diesem hinzugeben, verbindet das persönliche Dasein mit dem umfassenden Leben ringsum. Da hinein sich auszuliefern, fallen zu lassen, ist das eine, persönliche Einschränkung und weniger Bedürfnisse zu haben, das andere. In unseren Gegenden sind die meisten Bedürfnisse Trug- bilder, die wir nicht hätten, wenn wir zufrieden in uns selber wohnen könnten. „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“: Meist scheitert der Pfad zum Wesentlichen an der eigenen Disziplin. Sie sollte nicht äusserlich auferlegt sein, sondern dem Sehnen nach verbindlichem Leben entspringen, das den unsteten Zeitgeist in der Absicht umgeht, sich dem inneren Frieden anzunähern. Solchen Menschen öffnet der Geist die Bereitschaft sich zu verschenken, dem selbstverliebten Treiben entfliehen und dem alles überspannenden Ganzen dienen zu wollen. Das geschieht in einer Entscheidungs- freiheit, die aus tiefstem Herzen rührt. Der schmale Weg dahin ist nicht markiert, das Vertrauen in dich selbst und in den einen Fluss des Lebens, dem du zugehörst, wird dich führen.

02.08.2011

Die weltweite Stammtischrunde

Geschieht etwas Grosses und es fehlt die Erklärung, dann schiessen Verschwörungstheorien ins Kraut, die manchmal fast zu Religionen werden. Unbewiesen allesamt, blubbern sie durch die Geschichte der Menschheit. Die Gerüchteküche brodelt, hilfreiche Bücher werden geschrieben und Filme gedreht, die in 90 Minuten die Welt erklären. Abermillionen werden zu Geheimnisträgern, fühlen sich nun wissend und bedeutend. Könnte nicht hinter den Verschwörungstheorien die eigentliche Verschwörung stecken, mit der Absicht die Massen zu manipulieren oder damit Geld zu verdienen? Keiner fragt und so schliesst sich der Kreis der Flüsterer und ihrer Andächtigen: Die Wahrheit wird zur Hure und die Wirklichkeit vernebelt.