11.09.2015

AllEinsiedlerSeufzen

Gott, mein Gott,
Ziel meiner Fragen,
Türe die wegführt
aus der Enge des Seins,
Entwurf eines Lebens,
das grenzenlos lebt
und sich verschenkt.
Ich kann dich denken
antwortlos träumen,
erhoffen, lieben,
ablehnen,
verdammen,
nur fassen …
kann ich dich nicht.
29112012

Noe 28 – der Narr

Noe konnte selbstvergessen wütend werden, flammend kämpfen und liess sich ein, ohne Angst vor möglichen Verlusten. Wer dann den erhabenen, gleichmütigen Weisen sehen wollte, fand ihn nicht und war enttäuscht. Noe ging es nie um Weisheit. Er wollte Wahrnehmung und Leidenschaft in allem. Wie viele Strohfeuer der Weltverbesserung hatte er schon gesehen, die nur dem eigenen Trost und Wohle dienten und so zusammenfielen? Und all‘ die Blender und Wunschkanonen, denen er begegnet war, von denen er sogleich wusste, wie und woran sie scheitern würden? Erneuerung konnte nur mit ständiger Glut gelingen, mit beharrlicher Treue, eigener Veränderung und Selbstlosigkeit. Diese wuchs aus der Hingabe, ungesichert und weit entfernt vom Streben nach Eigennutz. Mit seiner Leidenschaft, Wut und Verletzlichkeit geriet Noe oft zum Narren im Kreise der Braven, dem er so entwischte.Mitte2014

Ora et labora?

Es sind nicht zwingend religiöse Gründe, die einen Menschen ins Kloster führen. Auch die Erkenntnis, dass in unserer Gesellschaft das Materielle alles Leben knechtet, statt ihm zu dienen, reicht dafür aus. Keiner will das und alle machen mit. Der Ausstieg aus diesem Tunnel verlangt Entschiedenheit. Ankämpfen, also vom Gegner weiter mitbestimmt, oder sich entziehen? Grosse Ordensgründer stellten sich diese Frage auch in ihren Tagen und wandten sich angewidert ab von der Gier ihrer Zeit. Sie verweigerten das Spiel, suchten den Geist und neue Wege, weit über ihr Leben und Bedürfnis hinaus. Ich kenne Mönche und Nonnen, denen Religionen, Rituale und Kirchen nur als kulturelle Werkzeuge dienen, als rückwärtige Bezugspunkte, um sich im Neuland nicht zu verlaufen. Den Traum vom ewigen Glück nach dem Tod teilen sie nicht. Sie haben ein Leben voller Zwänge hinter sich gelassen und werden sich keinem neuen Druck mehr beugen. Sie üben die Freiheit, die durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen gewählter Selbsteinschränkung und freier Entscheidung möglich ist. Solche Menschen können die Welt verändern, weil sie ihr nicht hörig sind. Die Kirchen misstrauen ihnen zutiefst, obwohl an ihren Anfängen solche Leute standen. Diese aber finden sich in bester Gesellschaft: Abgesehen von Jesus und vielen anderen, gab es da die Wüstenväter, Benedikt von Nursia und Franz von Assisi. Ein tiefer Blick zurück in die Geschichte kann durchaus in die Zukunft weisen.
09092015    

Held

Zu weit hast du gesucht,
die halbe Welt verflucht
und nicht geschaut,
was sich in dir zusammenbraut.
Nun, in tiefster Nacht,
liegst du da, geschlagen
und von Angst bewacht.
26072015

Ach was!

Männer haben nicht minder
Gefühle als Frauen.
Aber wenig Tamtamdrumrum.
02082015

Kontaktabzeige

Alt, jung, Mann oder Frau,
krank, gesund, stino und schwul,
herzlich und cool?
Von Kategorien umhüllt,
ganz still,
wohnt am verborgenen Ort
die Freiheit
die nach draussen will.
Ein Hauch nur - und Geist.
Ich brauche Menschen.
Keine Spiele, keine "Kisten",
auch keine Abenteuer.
Ein Stück Umweg vielleicht,
um die Zweifel zu teilen,
denn die Autobahn
ist mir nicht geheuer.
2001

Wohlgelogen

Wir sind freundlich, taktvoll, tolerant, gerecht und verstehen einander. Ich habe den Eindruck, dass dies zu Fratzen führt, von denen wir uns nicht mehr trennen können. Gefrorenes Lächeln, kristallisierte Freundlichkeit. Die Sucht, sich ansprechend darzustellen, keine Fehler zu machen und mindestens seinesgleichen geduldig zu schonen, ist eine billige Masche, um sich selber besser zu fühlen, als man es ist. Harmonie um jeden Preis, durchorganisiert und festgelegt. Freudestrahlend tappen wir in die Falle der Verlogenheit. Nein, da gibt es keine Farben, keine Wut, wir reden schön und gepflegt. Eine Schicht tiefer finden wir unterdrückte Gefühle, zusammengefaltete Gedanken. Falsche Schlüsse schiessen ins Kraut und die verstellte Sicht macht blind. Vorne herum Strahlenkranz und Kumpanei, dahinter Ignoranz, Geplapper und Intrigen. Die Konflikte sind gedeckelt, schwelen im Seelenkeller und werden zu hassgrünem Gift.   Mitte2014

22.08.2015

Noe 27 – Nacht

Er weinte nicht Trauer, noch Angst.
Es war das Sehnen nach Freiheit,
Erlösung zu finden,
in Leben und Tod zugleich.
"Freund, lass‘ mich schlafen,
bis die Gedanken zerfliessen,
die Träume verwehn,
der Atem erwacht."
21082015

20.08.2015

Von Kloaken und Bergseen

Weder die alten, noch die neuen Religionen bringen Aufbrüche. Nur Vollzug. Sie tummeln sich, in kleinbürgerlichem Einvernehmen, im Schatten ihrer Vorbilder, aber nicht in deren Licht. Biederkeit gebiert keine randlosen Zukunftsträume und ohne solche sind Religionen sinnlos. Also herrscht eine verschworene Erhaltungsmentalität, in der die Gläubigen sich gegenseitig in Einfalt bestärken: Zuschütten statt aufdecken, „Gott“ erträglich „machen“, um dem letztgültigen Alleinesein zu entfliehen. Zu viele Antworten lähmen ihre Köpfe, um noch fragen zu können. Eingliederung statt Freiheit, wo doch freier Geist das Leben umwehen müsste. Wahrhaft suchende Menschen brauchen keine Zeigefinger, pfeifen auf geistliche Mütter und Väter. Sie ordnen ihre Fragen, entwickeln erfüllende Wege ohne aufgeblasenes religiöses Gelaber oder herangeweihte Hierarchien, die meinen, die vielen Wege zur Fülle der Leere liessen sich bändigen und stilisieren. Die einsamen Pfade dieser mutigen Wanderer lassen sich nicht packen. Sie sind zu tief und lassen viel „Bewährtes“ hinter sich. Ihre Gedanken führen in die Freiheit, meiden die stinkenden Tümpel geistigen Nasenschleimes. Sie setzen sich ungemütlichen Entdeckungen aus, die an den Grundfesten des Lebens rütteln und die kranken Trost-, Heils- und Sicherheitskonzepte hinter sich lassen.
2014

24.07.2015

Wahristen

Bitte keine Lichtsäulen, keine magischen Formeln und Geistertänze. Weder kenne ich verfluchte Plätze, Erdstrahlen oder Wasseradern, noch spiele ich mit Pendeln, Kristallen und Wahrsagerei. Einen Guru braucht es nicht, keine Vordenker oder Meister, weg von diesem Scheibenkleister. Keine fremden Federn auf mein Haupt. Ob „gut“ oder „schlecht“, die „Energien“ fliessen mir am Arsch vorbei. Da mogeln sich Kleingeister zu erlauchten Wissenden empor, sonnen ihre Belanglosigkeit im Abglanz der Verblendung, verkaufen ihren Glauben als Wahrheit und walzen "achtsam-sensibel" ihr gesamtes Umfeld in Grund und Boden. Nein, so steck' ich meinen Kopf nicht in den Sand, brauche keine Instanzen, jage weder nach Glück noch Sinn, suche keine Antworten, die es nicht gibt und falls doch, zu fadenscheinig sind. Ich mag ihn nicht, diesen erzkonservativen esoterischen Kitsch mit seinem penetranten Fliederduft, der Nabelschau, dem erhobenem Zeigefinger und seiner vormittelalterlichen "Theologie". 16072015

23.07.2015

Denn sie wissen nicht, was sie tun

„Wenn sie rauchen, sterben sie früher“, ...
... steht da auf meiner Zigarettenschachtel. Na und? Warum nicht? Muss es immer mehr, länger, besser und gieriger sein, jede Sekunde Leben raffen? Genauso lässt sich sagen: "Wenn sie nicht rauchen, sterben sie später und mit hohem Risiko, dass dies in Raten geschieht. Schmerzen überall, Verlust der geliebten Menschen, Medikamentenberge, Sicht- und Höreinschränkungen, Rollatorprobleme, Altersheimgeschubse, Inkontinenz, Bewegungseinschränkungen, vielleicht auch noch Alzheimer, Bevormundung und andere Baustellen". Das hiesse dann: ...
... „Wenn sie nicht rauchen, sterben sie länger“.
19032015

Leer geschluckt

Es folgten keine Taten.
Du hast sie alle eingelullt.
Ich brauchte nur zu warten.
Andern gabst du dann die Schuld.
29082014

Absage, kurz und klar:

Mein Leben
ist weder Pauschalreise,
noch Meinungsumfrage.
Auch kein Wunschkonzert.
10032015

"Politcal Correctness?" - Maskenball

„Political Correctness“ ist ein Schlagwort. Ein Totschläger. Eine politisch korrekte Aussage misst sich daran, was die Mehrheit der jeweils Anwesenden gerade für richtig hält. Je nach Umfeld wird einer für seine Aussage geächtet und seine Integrität steht in Frage. Ob meine Aussagen politisch korrekt sind oder nicht, interessiert mich nicht. Ich bin kein Schaf, denke, fühle und handle politisch im eigenen Namen und werde mich dafür bei keiner ideell gekämmten Herde entschuldigen. Meinen „Junkie“ mache ich nicht zum „Drogengebrauchenden“ und in den Texten hüte ich mich, auf beide Geschlechter hinweisen und so die gestandene Sprache dem Zeitgeist zu opfern. Worte sind wichtig aber nicht entscheidend. Mit ihnen lässt sich spielen, sie sind dehnbar wie Honig, verdreh- und missbrauchbar. Eine innere Haltung drückt sich verbindlich erst in der Handlung aus, dem gelebtem Respekt vor anderem Leben und anderen Grenzen. Wer das regulieren muss, sollte über die Bücher gehen, hat vermutlich diesen Grundrespekt zum anderen verloren und gebärdet sich deshalb so feinverlogen, richtigkeitsbeseelt. Darum habe ich wohl bei solchen Menschen fast immer das Gefühl, dass sie irgendwelche Götzen bekriechen und andere Menschen missachten. 10052015

Jünger

Der Papst trägt die Titel Bischof von Rom, Stellvertreter Jesu Christi auf Erden (Vicarius Christi), Nachfolger des Apostelfürsten (Petrus) , Oberster Priester der Weltkirche, Pontifex maximus (oberster Brückenbauer), Primas von Italien, Metropolit und Erzbischof der Kirchenprovinz Rom, Souverän des Staates der Vatikanstadt,  Diener der Diener Gottes (servus servorum dei), Patriarch des Abendlandes (entfernt) und wird angesprochen mit „Seine Heiligkeit“. Er hat einen Papstthron (der einzige vierbeinige Heilige der Katholischen Kirche: Der Heilige Stuhl), trägt die Tiara, eine dreifache Krone, stützt sich auf den päpstlichen Hirtenstab, der Fischerring steckt an seiner rechten Hand u.v.a.m.
Nun zum Wesentlichen: Sein Chef, Auslöser dieses ganzen Rattenschwanzes der Macht und Eitelkeit, hiess Jeschua, war der Sohn eines Schreiners und scheint ein mittelloser Wanderprediger gewesen zu sein.

02.02.2015

ES

Wenn du grosse Worte liest,
achte auf die Zwischenräume.
Und wenn du Bilder siehst,
betrachte sie danach im Dunkeln.
Klingt Musik in deinen Ohren,
höre hin, wo keine Klänge sind.
Begegnest du Skulpturen,
was wäre deren Standort ohne sie?
Packt dich ein Theaterspiel,
zieh‘ den Vorhang zu,
und verlier‘ dich hin zur Bühne.
Wo immer Kunst den Geist berührt,
umkreist sie jene Stille,
die alle Grenzen sprengt,
da sie selber keine kennt.
 (30.01.15)