Es sind nicht zwingend religiöse Gründe, die
einen Menschen ins Kloster führen. Auch die Erkenntnis, dass in unserer
Gesellschaft das Materielle alles Leben knechtet, statt ihm zu dienen, reicht
dafür aus. Keiner will das und alle machen mit. Der Ausstieg aus diesem Tunnel
verlangt Entschiedenheit. Ankämpfen, also vom Gegner weiter mitbestimmt, oder
sich entziehen? Grosse Ordensgründer stellten sich diese Frage auch in ihren
Tagen und wandten sich angewidert ab von der Gier ihrer Zeit. Sie verweigerten
das Spiel, suchten den Geist und neue Wege, weit über ihr Leben und Bedürfnis
hinaus. Ich kenne Mönche und Nonnen, denen Religionen, Rituale und Kirchen nur
als kulturelle Werkzeuge dienen, als rückwärtige Bezugspunkte, um sich im
Neuland nicht zu verlaufen. Den Traum vom ewigen Glück nach dem Tod teilen sie
nicht. Sie haben ein Leben voller Zwänge hinter sich gelassen und werden sich
keinem neuen Druck mehr beugen. Sie üben die Freiheit, die durch ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen gewählter Selbsteinschränkung und freier
Entscheidung möglich ist. Solche Menschen können die Welt verändern, weil sie
ihr nicht hörig sind. Die Kirchen misstrauen ihnen zutiefst, obwohl an ihren
Anfängen solche Leute standen. Diese aber finden sich in bester Gesellschaft:
Abgesehen von Jesus und vielen anderen, gab es da die Wüstenväter, Benedikt von
Nursia und Franz von Assisi. Ein tiefer Blick zurück in die Geschichte
kann durchaus in die Zukunft weisen.
09092015
09092015