20.08.2012

Noe 23 – Bilderbogen

Noe wurde verlegen, wenn man ihn zu seinem Glauben an Jesus befragte. Seine Antwort darauf geriet umständlich und ungefähr. Viele Wissenschaftler gingen von einem geschichtlich bezeugten Jesus aus, nur, waren die Belege dafür nicht allzu brüchig? Noe hatte sich auf seinem Weg zur Mystik von dieser Frage längst getrennt. Mit der Zeit gelangte er zu einem unscharfen, mehrdeutigen Christusbild, mit dem er liebevoll streiten und leben konnte. Es begleitete sein Handeln wesentlich und diente ihm als Richtschnur. So verlor er sich nicht in den Weiten der Glaubenswelten und sein Bild folgte der Sicht, wonach die Religionen wahre Inhalte vermitteln konnten, wie auch unwahre und vor allem als Werkzeuge der Seelenkultur dienten. Noe verstand sich als Christ, kannte die Texte, bezweifelte sie gründlich und fühlte sich wohl damit - zum Ärger jener Aufrechten, die alles was sie glaubten, zu wissen meinten und vorzugsweise mit Worten des Apostels Paulus um sich schmissen. Wer aber war dieser Paulus? Wie hiessen die Autoren seiner Schriften und war er ein blindgläubiger Oberjünger oder ein begeisterter Himmelsstürmer? Noe mochte Paulus nicht. Aus dessen Briefen flüsterten Anmassung und Unterwürfigkeit zugleich. Verkündete hier ein von Sehnsucht verzehrter Jünger seine Wahrheit als allgemeingültige Wirklichkeit? Noe war ein Gründermensch und das Geschnatter übereifriger Jünger beeindruckte ihn noch nie.