03.04.2011

Noe 19 - Christ und keines von beiden

Nicht der Glaube führte Noe in das christliche Mönchtum, aber seine jugendliche Prägung und die kulturellen Grundlagen. Obwohl herangewachsen in der Welt des eigenständigen Denkens, wo das Christentum nur Vergleichsgrösse war, niemals eine Vorgabe, entzündete sich im kleinen Noe die Liebe zu den Ritualen, Symbolen, dem Weihrauch, der Musik, kurz, zur Sinnlichkeit der Gottesdienste. Die religiösen Inhalte lehnte er fast alle ab. Dieser Gegensatz wurde Noe zum Schlachtfeld und die Kirche, durch seine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit ihr, zur Heimat. Für Noe war „Heimat“ eine innere Welt, kein Lebensort. Der hörigen Herde mit ihren Hirten ging er aus dem Wege, ihrem Geplapper entzog er sich. Gottes Unfassbarkeit in Bilder und Ordnungen zu zwängen, lehnte er ab. Die Verkündigung der „Wahrheit“ empfand er als Anmassung der Religiösen, denn diese kannten sie so wenig wie er. Noe verwarf alle Heilsversprechen, nutzte aber die alten Symbole für seine Seelenkultur, machte sie zum fassbaren Werkzeug, mit dem er sich dem unfassbaren Ziel seines fragenden Lebens nähern konnte. Die Theologie verblasste zugunsten der Philosophie und die Quantenphysik schuf sich Raum in seinem Denken. Deren Fragen nach Ursache und Bewegung standen ihm näher als jene nach einem mächtigen, liebenden, strafenden Gott mit seinen allzumenschlichen Zügen. Kein „Amen“ aus Noes Mund: Er wusste NICHTS, blieb in seiner ewigen Schleife, in der Gott keine Antwort war und eine Frage blieb, auch dann, wenn Noe gelegentlich in alter Manier den dreieinigen Gott mit allen seinen Heiligen zu Hilfe rief …