24.05.2013
Schöne neue Welt
Sie fordern die neue Welt und meinen ihr kleines
Wohlbefinden. Konventionen sprengen sie mit Regeln, die enger sind als jene,
die sie bekämpfen. Sie suchen das Gegenteil des Altbekannten und kriechen genau
diesem auf den Leim. Alsbald klaffen Ideal und Fähigkeit auseinander, die Grosszügigkeit
erliegt dem eigenen Vorteil, keiner ist mehr bereit, für sein Wunschbild bedingungslos
ein Stück eigenen Lebens hinzugeben. Ein Traumschaum von Scheinheiligkeit überdeckt inzwischen den Selbstbetrug. Es blüht die
Nabelschau, im Anspruch, aus „gesundem Menschenverstand“, das einzig Richtige zu
tun. In der goldgerahmten Vermessenheit, die besseren und gescheiteren Menschen
zu sein, belauern sie die Welt mit Argusaugen, suchen alle Fehler dort und nicht
bei sich. Zornesmulmig oder naserümpfend fallen sie über Anderslebende her, bauen
daraus ihr Selbstwertgefühl, ziehen es mit Leidgenossen zu Mauern hoch, um das ergatterte Plätzchen zu
sichern. Hüben wie drüben das alte Lied: Die alternativen Kleinbürger singen nur
neue Texte zu alten Melodien und wollen, wie die meisten, ganz einfach ein
bequemes Leben, verschanzt hinter dem schützenden Tellerrand, der sie vor den
Fährnissen des Lebens bewahrt. Darüber hinaus zu blicken, wirklich Neues anzupacken, wagen auch sie nicht, denn die Bühne der Ideologien und Worthülsen könnte zusammenstürzen.