03.04.2010

Noe 11 - Zwiebel(ge)schichten

Noe war nicht der Ratgeber, für den ihn viele hielten. Erfahren war er schon, da er viele Narben in sich trug. Er konnte frei vom eigenen Leben zuhören, gefächert und geschmeidig den erkannten Grundlinien des Gehörten folgen. Er sah auch, ob Körper und Mund eines Menschen zweierlei erzählten. Noe beobachtete viel und fragte wenig. Einmal schwieg er, ein andermal erzählte er von sich. Nicht um Mittelpunkt zu sein, nein, das mochte er nicht. Vielmehr wollte er in Bildern und indem er seine eigenen Fragen darlegte, Wege aufzeigen und dabei verhindern, dass der andere sich preisgeben musste. Manche sprachen Bände, während sie zuhörend schwiegen. Noe hoffte, sie würden hörend mehr über sich selbst erfahren, als wenn sie sprachen. Denn oft behandelten sie ihre eigenen Aussagen wie Luft. Stattdessen erwarteten sie Lösungen von anderen, so auch von ihm. Ausgerechnet er, der nur jene Pfade kannte, die auf sein eigenes Wesen zugeschnitten waren. Der Schlüssel lag doch in ihnen selbst und dort hatten nur sie Zugang, nicht er. Durch viele Gespräche hatte Noe gelernt, wie Menschen zwar verstanden, sich aber davor fürchteten, das Verstandene umzusetzen. Auf seinen steinigen Wegen wurde Noe beigebracht, dass er aus sich selber schöpfen konnte und musste. Seine Lehrerinnen hiessen "Achtsamkeit", "Beharrlichkeit" und "Geduld". Dort, in der Tiefe und Selbstverständlichkeit, fand er alles vor, was für sein Leben notwendig war. Diesen Schätzen schuf er Raum. Noe glaubte, dass jeder Mensch solche Keime in sich trug, viele aber sahen nur, was sie sehen wollten. Der Wirklichkeit schenkten sie keine Beachtung. Verdrängen und Verschweigen konnten Folge von Angst und Faulheit sein, oder ein persönliches Merkmal, vielleicht eine Pflicht und manchmal markierten sie das Recht auf Unversehrtheit.