06.04.2010

Die Zirkusbühne ist rund

Ich kenne Menschen, die werden überrannt von den eigenen Ereignissen, noch während sie diesen hinterher jagen. Gierig hetzen sie durch den selbst erzeugten Druck, müssen dringend dieses realisieren oder jenes noch haben. Grenzenlos das Leben melken wie eine Kuh, ohne sich zu fragen, von wem sie gefüttert wurde. Das Zauberwort heisst "Selbstverwirklichung". Die Dringlichkeit ist Dauerzustand und das Wichtige dümpelt vor sich hin. Sie suchen die Überforderung, um sich selber zu spüren und ihrer verkopften Betriebsamkeit Leidenschaft und Seele einzuhämmern. Hinleiden zur eigenen Wirklichkeit, gut verpackt und mit Argumenten verkleistert, damit allen verständlich wird, wer man ist. Denn ohne Bestätigung, Bewunderung und Komplimente, die dann bescheiden abzulehnen sind, ergibt das Ganze keinen Sinn.
Bei diesen Menschen werde ich das Gefühl nicht los, dass sie sich als Hauptdarsteller auf einer Bühne wähnen und sich um die eigene Achse drehen. Sie machen alles zur Kulisse, jeden zum Statisten und gelangen so zu einer Selbstdarstellung, in der sie sich erträglich finden. Sie ahnen, dass sie ihr Leben von sich weisen, sich selbst nicht akzeptieren und sich auf der Flucht befinden. Intellektuell ertragen sie Kritik, emotional hingegen nicht, denn da zerfiele die Kulisse. Solches Leben ist fremdbestimmt und verletzt den eigenen Wert. Die Schuldgefühle bleiben und führen zur nächsten Runde im Hamsterrad der eingebildeten Lebensschuld.