05.04.2010

Shitegal

Vor Jahrzehnten trug ich mein kleines Piece Shit in der Tasche und auf meinem Fensterbrett spross der Hanf, den ich aus eigenen Samen zog. Joints waren normal, entsprachen dem Gefühl der Zeit in der wir lebten und um die wir kämpften. Cannabis war eine alte Pflanze, doch wir empfanden sie als neu, so wie Jugendliche immer als neu empfanden, was ihnen gleichaltrig schien. Haschisch bot keine grossen Probleme. Bei LSD wurde es schon kritischer, denn einige verirrten sich auf den ewigen Trip. Vor härteren Stoffen hatten die meisten Respekt, aber längst nicht alle.
Ich habe zuviel gesehen, um moralische Vorbehalte gegen Süchte und Betäubungsmittel zu haben. Sie stehen immer in Beziehung zur Situation des betreffenden Menschen. Sorgen macht mir jedoch der Cannabis-Konsum junger Leute. Gegen deren Keulen war unser Zeugs Kamillentee und ihre Geschichten erinnern mich an Erlebnisse mit härteren Giften. Inzwischen habe ich öfters gesehen, dass langer und regelmässiger Cannabis-Konsum für sehr junge Leute verheerende Folgen haben kann. Schon wenn sie nur wenig unbeständiger sind, als es für jenes Alter ohnehin zutrifft, sind die Folgen dauernden Shitkonsums kaum abzusehen. Das Seelenleben kann völlig durcheinander geraten. Im schlechteren Falle schränkt sich die Wahrnehmung ein, die Entwicklung der Gefühlswelt stockt und die Beziehungsfähigkeit hinkt hinterher. Von Verantwortungsgübernahme und Bewusstseinsentwicklung ganz zu schweigen. Mit zwanzig dann noch immer das Innenleben des Sechzehnjährigen. Tunnelblick. THC schiesst Löcher in die Hirne, frühsenile Vergesslichkeit inbegriffen, und die Träume versanden in abgestumpfter Gleichgültigkeit. Es bleibt noch die Phantasie zur Begründung des Konsums, die Gesellschaft ist schlecht und der Rest ist SHITEGAL.
(vgl. Eintrag 2. März 10 / Brückenschlag)