28.03.2010

Noe 8 - Bonjour Adieu

Er war nie ein Mauerblümchen. Obwohl sich Noe damals dafür hielt, wurde er gesehen. Die rüden Spiele seiner Mitschüler mochte er nicht. An den dummen Sprüchen fand er kein Gefallen und auch nicht an der Eitelkeit der Sieger. Noe hatte dafür eine ausgeprägte Wahrnehmung für die Bruchstellen des Lebens. Er beobachtete genau, speicherte unaufhörlich Bilder und Worte und schloss sie in sich ein. Dieser leise Teil seines Wesens beinhaltete das Leben, welches er hätte haben wollen und er stellte es dem lauten Treiben entgegen. Oft war er verträumt, entschwand zu seinen Büchern, sang mit seiner Musik. Noe war für seine Umgebung rätselhaft, während er selbst die Trennung als Grundprinzip des Lebens erfuhr. Viele Jahre später hatte er mit einer Freundin ein einwöchiges Gespräch. Sie zeichneten es auf, da Noe ein schlechtes Gedächtnis zu haben glaubte. Seine Meinung wurde widerlegt, als er spontan einen zwanzigzeiligen Schachtelsatz ohne jeden Fehler auf das Tonband sprach. Am letzten dieser Tage stellte Noe fest, dass er nie eine graue Maus sein würde. Dass ein herkömmliches Leben für ihn nicht vorgesehen und er ein Gründer war. Nicht der Jünger, für den er sich gehalten hatte. Er war ein Träger und die trugen, wie er wusste, meist allein. Bewundert und gefürchtet. In Noe's Augen floss die Trauer.