Der
Geist weht, wo er will
Spirituelle
Rituale dürfen nicht vollgeplappert sein, sind weder Bühne für hehre Gebärden, noch
Mittel, um sich gegenseitig anzugleichen. Sie bilden den Rahmen für
Unfassbares, schaffen leeren Raum. Leere Gefässe bieten Platz für Neues, gefüllte
nicht. Werden Rituale mit konkreten Erwartungen und Forderungen verknüpft,
entsteht keine Leere, kein freier Raum. Stattdessen wächst die Vorstellung, "Erleuchtung"
oder "Gnade" sei machbar und eine Frage der Leistung. So wird man
unterworfen, statt sich zu befreien. Sollte es "Erleuchtung" geben,
natürlich unbestellt, einfach so, geschähe sie wohl dort, wo der Raum dafür bereitet
ist. Vielleicht wäre sie kaum wahrnehmbar, nur ein Hauch des Unbedingten, aus
einer zugleich fremden, wie auch eigenen Welt. Wer diesen Augenblick zu halten
sucht, in Worte zerteilt, hat ihn schon verloren, weggeschmolzen, wie eine Schneeflocke
in der warmen Hand.